NEUANFANG
Gemeinsam statt einsam
Petra Kurschat hat in ihrem Leben viel erlebt und ist daran gewachsen. Mit der Hilfe von Menschen, die sie auf ihrem Lebensweg getroffen hat
Nach einer Krise ein neues Leben anfangen, wie kriegt man das hin? So wie Petra Kurschat. Sie schaffte den Neuanfang und lebt ihr Leben heute viel bewusster als früher. Was ihr dabei wichtig ist? Freundschaften. Und ein gutes Netzwerk.
Petra Kurschat ist eine Frau, die mehr Schicksalsschläge erlebt hat, als in ein Leben zu passen scheinen: Sie wuchs als Tochter einer alkoholkranken Mutter auf, wurde als Teenager Opfer eines sexuellen Übergriffs und ihr Mann verließ sie, als ihre Kinder noch klein waren. Doch all diese Dinge steckte sie irgendwie weg – ganz im Gegensatz zu dieser einen Nachricht, die sie von ihrem Ex-Mann im Oktober 2019 bekam. „Ich fliege morgen nicht allein mit den Kindern in den Urlaub, Bettina* und ihre Tochter kommen mit“, steht darin. Bettina, das ist Petras ehemals beste Freundin. Die Frau, die ihr 2013 über die schmerzhafte Trennung von dem Mann hinweghalf, mit dem sie jetzt in die Ferien fliegt. Die Frau, der sie so nahesteht, dass die 54-Jährige immer scherzte, mit ihr verheiratet zu sein.
Die Freundschaft zu ihrer besten Freundin zerbricht
Der Vertrauensbruch schmerzt so sehr, dass Petra glaubt, daran zu zerbrechen. Sie fällt in ein Loch, aus dem sie es fast nicht mehr herausgeschafft hätte. Dass es ihr doch gelungen ist, das hat sie den Menschen um sich herum zu verdanken. Und – so makaber es klingt – einer schweren Erkrankung.
Petra muss gegen eine schwere Krankheit kämpfen
Denn nur einen Monat nach der verheerenden Nachricht wird bei einer Routineuntersuchung ein auffälliges Muttermal auf Petras Fußrücken festgestellt. Die Diagnose: schwarzer Hautkrebs. Petra muss ins Krankenhaus und sich einer Hauttransplantation unterziehen. In all den kommenden Tagen und Wochen, in denen sie um ihr Leben bangt, wird ihr klar, wie kostbar es eigentlich ist. „Vorher war manchmal der Gedanke in meinem Kopf: Ich könnte jetzt auch gehen – wären da nicht meine Kinder“, sagt Petra. Jetzt ist der Gedanke weg. Petra will leben und kämpft weiter gegen den Krebs. Sie schöpft neue Kraft aus den vielen Umarmungen ihrer Kinder, Gesprächen mit Freundinnen und aus ihrer „Kaffeegruppe“.
Ihr Netzwerk hilft ihr aus der Krise
Diese Gemeinschaft gründete Petra im Zuge der Corona-Pandemie selbst, als sie vor ihrem Lieblingscafé im Berliner Bötzow-Kiez immer wieder die gleichen Leute traf. 30 Mitglieder aller Altersklassen kamen so mit der Zeit zusammen, alle Stammgäste des Cafés. Aus flüchtigen Bekanntschaften wurden Freundschaften mit Menschen, die heute zu den wichtigsten in Petras Leben zählen.
Guter Draht: Petra Kurschat und Nina Ruge verstehen sich auf Anhieb gut.
Die Gemeinschaft schenkt Petra neue Kraft
Eine verrückte Geschichte? Vielleicht, aber sie ist vor allem typisch für die 54-Jährige. Denn wenn sie eins kann, dann ist es, schnell mit anderen in Verbindung zu kommen. Nicht auf Smalltalk- Niveau, sondern auf einer tieferen Ebene. „Gemeinschaft ist etwas, das mir unglaublich wichtig ist“, sagt Petra. „Ich ziehe viel Kraft und positive Energie daraus.“ Und natürlich auch Unterstützung, ohne die sie es als Alleinerziehende mit zwei kleinen Kindern nicht geschafft hätte. Egal, ob diese Unterstützung durch ein Mütternetzwerk kommt, die Schwiegermutter, zu der Petra trotz der Trennung von ihrem Mann ein enges Verhältnis hat, oder die Erzieherin aus dem Kindergarten. „Zusammen ist man stärker“, sagt Petra.
Heute macht Petra andere Frauen stark
Und so ist es naheliegend, dass die Berlinerin inzwischen neben ihrer Arbeit als Team- Managerin auch als Yoga-Lehrerin und Coach arbeitet. Bei Wochenend-Retreats und Einzel-Coachings versucht sie, anderen Frauen vor allem eins zu vermitteln: Du bist genug! Denn das ist etwas, das Petra selbst erst lernen musste. Als Kind erfuhr sie von ihren Eltern zu wenig Liebe – die alkoholkranke Mutter konnte keine Verbindung zu ihr und ihrem Bruder aufbauen, der Vater machte die Kinder verbal fertig und schrumpfte ihren Selbstwert auf ein Minimum. Ein Grund, warum Petra später toxische Beziehungen mit Männern eingeht und körperliche Nähe mit echter Zuneigung verwechselt.
Schmerzhafte Erfahrungen, die sie jedoch zu dem Menschen machten, der sie heute ist: Eine Frau, die irre stark ist. Und die andere durch ihre Lebenserfahrung in schwierigen Phasen begleiten kann. Die Kummer versteht und anderen zeigen kann, dass es möglich ist, all den Schmerz hinter sich zu lassen. Denn der beste Beweis dafür steht vor ihnen: Petra. Mit diesem ganz besonderen Strahlen, das jeder sofort spürt, der sie trifft. Und das ihr keiner nehmen kann – egal, was war, ist oder kommt.
Tipps fürs eigene Netzwerk
Mutig sein!
Du triffst jeden Tag beim Bäcker oder wie ich im Café die gleichen Leute? Sag „Guten Morgen“, lächle, so entstehen Gespräche und erste Kontakte. Der Mut wird sich auszahlen!
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Für Kontinuität sorgen.
Wer sich regelmäßig trifft, hat eine gute Chance, sich anzufreunden. Sei ruhig die Initiatorin, frage nach Handynummern und gründe einen Gruppenchat. So bleibt man in Kontakt.
Nichts erzwingen.
Wir können uns noch so sehr bemühen, manchmal passt es zwischenmenschlich einfach nicht. Das gilt es zu erkennen und dann auch konsequent zu sein. Keine Chance für Energievampire!

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