Pflege von Angehörigen: Wohin mit den älter werdenden Eltern?


Familie
29/05/2020
Der Tag kommt, an dem die Eltern nicht mehr allein zurechtkommen. Was dann? Pflegeheim oder Pflege daheim – wir geben Orientierung. 

Es gibt leichtere Entscheidungen im Leben als diese: Sollen Mama und Papa ins Altersheim? Oder schaffen wir es, sie zu Hause zu betreuen? Ganz wichtig ist ein offenes Gespräch mit allen Betroffenen. Was wollen die Eltern? Was können Kinder leisten? Und: Lastet die Pflege nur auf einem Kind oder können mehrere Angehörige helfen? Wer erst einmal Orientierung braucht: Rat gibt es bei den Beratungsstellen der Krankenkassen, in den Gemeinden oder bei der Wohlfahrtspflege.

Finanzielle Hilfen für die Pflege von Angehörigen

Natürlich ist es schön, in seinem gewohnten Umfeld zu leben. Doch ist das praktikabel, wenn man zum Beispiel nicht mehr oder nur schwer die Treppe hochkommt? Es gibt Hilfen! Wenn die Eltern im eigenen Haus bleiben wollen, kann man Zuschüsse zum Umbau beantragen:

  • Die sogenannte Wohnungsumfeldverbesserung, wie etwa ein behinderten- oder altengerechtes Badezimmer, bezuschussen Pflegkassen mit bis zu 4.000 Euro. Die Pflegebedürftigkeit muss vorher vom Medizinischen Dienst festgestellt worden sein.
  • Auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau bezuschusst Umbauten am Haus mit bis zu 6.250 Euro je Wohnung für Maßnahmen zur Barriere­Reduzierung.

Stolperfallen meiden und Hilfe für die Pflege von Angehörigen organisieren

  • Glatte Treppen werden mit rutschfesten Teppichstreifen sicherer. Gibt’s im Fachhandel.
  • Haltegriffe an Treppen und im Bad sind eine kluge Vorsichtsmaßnahme.
  • Das Bad ist oben? Um Treppensteigen in der Nacht zu vermeiden, kann ein Nachtstuhl angeschafft werden.
  • Ein Treppenlift ist zwar kein Schnäppchen, aber eine große Hilfe.
  • Der Haushalt wird zu viel? Organisieren Sie fürs Waschen und Putzen eine Putzhilfe. Und wenn Sie selbst Hand anlegen müssen und es schnell gehen soll: Schaffen Sie schlaue Putzhelfer an, wie etwa den Swiffer Bodenwischer.
  • Unkompliziert essen: Sorgen Sie vor, indem Sie Eintöpfe oder Suppen vorkochen und portionsweise einfrieren. Eine Alternative: Essen auf Rädern.
  • Ihre Mama nimmt ihre Tabletten nicht? Schafft die Körperpflege nicht mehr? Ein Pflegedienst kann’s richten. Er kommt auf Wunsch mehrfach täglich vorbei – Kosten werden, je nach Pflegegrad, von der Pflegeversicherung getragen. Am besten frühzeitig einen Antrag auf Pflegestufe stellen.
  • Es gibt auch die Möglichkeit, eine dauerhafte Pflegekraft einzustellen, die mit den Eltern im Haus lebt. Achten Sie auf seriöse und zertifizierte Kräfte oder hören Sie sich im Bekanntenkreis nach geeigneten Helferinnen um.

Zeit und Geld für die Pflege von Angehörigen

Was viele Kinder, die gebrechliche Eltern haben, nicht wissen: Sie dürfen der Arbeit an zehn Arbeitstagen im Jahr fernbleiben, wenn Sie im Ernstfall die Pflege der Eltern organisieren müssen. Dann gibt es sogar ein Pflegeunterstützungsgeld, das man bei der Pflegeversicherung des Angehörigen beantragen kann. Und wer mehr Zeit braucht: In Unternehmen mit mindestens 15 Beschäftigten kann man sich in Absprache mit dem Arbeitgeber bis zu sechs Monate teilweise oder ganz freistellen lassen, sofern der Angehörige mindestens Pflegegrad zwei hat. Diese Freistellung ist zwar unbezahlt, aber sozialversichert. Wer die finanzielle Durststrecke überbrücken muss, kann in der Pflegezeit ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie beantragen.

Holen Sie sich Unterstützung für die Pflege von Angehörigen

Sich um die älter werdenden Eltern kümmern – das kann ein Knochenjob sein. Wer sich dazu entschließt, sollte sich und die eigene Robustheit zuvor kritisch hinterfragen: Stecke ich das weg? Immerhin sind pflegende Kinder oft selbst nicht mehr die Jüngsten. Auch wer noch im Berufsleben steht, sollte sich genau überlegen, ob und wie viel er reduziert – und keinesfalls sofort den Job aufgeben.

Wer sich zur Pflege der Eltern entschließt, sollte auf sich achten: Dauernde Müdigkeit, Gereiztheit und eine heimliche Wut auf die Eltern sind Anzeichen einer Überforderung. So weit muss es aber nicht kommen: Pro Jahr hat ein Pflegebedürftiger Anspruch auf 56 Tage Kurzzeitpflege und auf 42 Tage Verhinderungspflege, sofern mindestens der Pflegegrad zwei festgestellt worden ist und die Pflegebedürftigkeit seit mindestens sechs Monaten besteht. Dann können pflegende Angehörige auch einmal durchschnaufen.

Und wenn es trotzdem nicht mehr geht?

Dann hilft nur Ehrlichkeit. Die Bereitschaft, das Zuhause aufzugeben, wird nicht von heute auf morgen kommen – es ist ein Prozess. Ein Prozess, den man behutsam nutzen kann, um die Eltern auf das Leben im Heim vorzubereiten. Und ihnen auch Vorteile aufzuzeigen. Sind die Eltern noch fit, können sie sich das passende Heim aktiv aussuchen. Das erleichtert den Umzug. Wenn schwere Krankheiten, wie etwa Demenz, ins Spiel kommen, drängt die Zeit. Dann müssen Kranke oft rund um die Uhr betreut werden – das können Angehörige meist nicht leisten.

Und das schlechte Gewissen?

Elternliebe und Pflege sind zwei verschiedene Paar Schuhe: Man kann seine Eltern innig lieben – und sich trotzdem dagegen entscheiden, sie zu pflegen. Weil das eigene Geld verdient werden muss. Oder man zu weit weg wohnt. Fürsorge gilt für beide Seiten und heißt: nur das voneinander zu verlangen, was man auch leisten kann.