Mutter – der Eventmanager


Familie
12/04/2019
Sollten Sie irgendwann einmal eine Veranstaltung planen, die Ihnen Stressresistenz in jeglicher Form abverlangt, dann rufen Sie besser mal mich an. 

Machen Sie sich gar nicht erst verrückt. Rufen Sie einfach an, denn ich kann das. Ich habe, was logistische Herausforderungen und ein Höchstmaß an Flexibilität anbelangt, ein jahrelanges Training absolviert. Denn die meisten Happenings meiner 17-jährigen Tochter fanden, mangels Alternativen auf dem Land, immer bei uns zu Hause statt. Während andere Menschen planlos im fünften Ausbildungsjahr zum Schiffschaukelbremser rumdümpeln, habe ich binnen ihrer Pubertät erfolgreich den Beruf des Eventmanagers erlernt und bekam jedes Mal den Titel „Mitarbeiter des Jahres“ verliehen – von mir höchstpersönlich. 

Meist erhielt ich erst am Freitagabend die Cateringliste für sechs junge Damen, die für Samstag erwartet wurden: „Rhabarberschorle und Sushi“, hieß es jedes Mal. Meine Tochter liebt Sushi und wird in ihrer ersten eigenen Bude sicherlich auf so einem Sushi-Förderband quer durch die WG düsen.

Die Logistik will geplant sein

Der Shuttle-Service für die Gäste, also ich, wurde für 18.30 Uhr bestellt. Wenn die Fahrbereitschaft, also wieder ich, eine Überlandfahrt aus Zeitgründen ablehnte, wurde „not amused“ auf den Bahnhof ausgewichen, der sich zwar in Laufweite vom Veranstaltungsort befindet, aber ein wichtiger Grundsatz lautete bei meiner Tochter und ihren Freundinnen: Ist der Weg länger als eine Autolänge, wird gefahren. 

Ergänzt wurde der Auftrag um den Hinweis, dass ich nach der Ablieferung der Fahrgäste in meinen eigenen vier Wänden den Abend ganz nach meinem Belieben verbringen dürfte, nur eben nicht zu Hause. Der Begriff „Hausverbot“ wurde dabei diplomatisch vermieden. Erst wenn es um den Abwasch ging, wurde diese Anweisung wieder außer Kraft gesetzt. Wobei gerade dort meine Hilfe eigentlich völlig überflüssig war – dank des Fairy Original Ultra Plus Konzentrats. Denn dieses kleine Wunder verfügt über eine innovative Fettlösetechnologie, die das Geschirr binnen kürzester Zeit wieder blitzblank erstrahlen lässt – ganz ohne vorheriges Einweichen und das schon bei niedrigen Temperaturen. 

Das war’s oder war’s das

Warteten dann Samstagmittag sechs Pakete Maki, Nigiri und Inside-out-Rolls sowie 12 Flaschen Rhabarberschorle friedlich auf ihren Einsatz im Kühlschrank, wurde spontan die Gästeliste um vier Jungs erweitert. Dann ist Flexibilität seitens des Caterers gefragt, die in Sätzen wie: „Mama, jetzt stell Dich mal bloß nicht so an, andere Mütter machen nicht so ein Theater!“, zum Ausdruck kamen.

18 Uhr: Der Limo-Service ist im Stand-by-Modus und alles ist da, auch die hastig besorgte Tiefkühl-Pizza für die Jungs. Plötzlich Planänderung: Maries Mutter, eine bodenständige, gut durchblutete Frau mit robustem Sinn für Familie, möchte sich abends doch noch – und unbedingt auch mit Tochter Marie – bei einer Schulaufführung von Maries Bruder präsentieren, bei der der Zehnjährige in der Rolle eines Baumes für zwanzig Sekunden das Bühnenbild bereichert. „Duckface-Debbie“ hat Stress mit ihrem Freund, weil der sich an „Push-up-Pia“ rangemacht hat, was von „Lipgloss-Lisa“ beobachtet und gepostet worden war. „Klopfer-Karo“ hat Ausgehverbot, weil sie letzten Samstag zu tief ins Glas geschaut hatte. 

Da saß ich nun und tat das, was ich viel zu oft tue: Obwohl ich längst satt war, hörte ich wieder nicht auf, zu essen. Später im Bad sah es meinem Spiegelbild zufolge aus, als ob ich schwanger war. Der Vater? Kein großes Geheimnis. Sein Name: Futo Maki, auf Deutsch „dicke Rolle“. 

 

Unsere Kolumnistin, Anne Vogd, (Jahrgang 1965), ist verheiratet und hat eine Tochter. Anne VogdSie arbeitete 25 Jahre im Vertrieb einer Modefirma, wollte sich 2013 aber radikal verändern und ist seitdem als Comedian auf Karnevalssitzungen und anderen Veranstaltungen unterwegs. 2016 gewann sie den SWR3 Comedy Förderpreis. Heute schreibt sie zusätzlich Kolumnen in Tageszeitungen und ist regelmäßig im Radio zu hören.