Mit der Diagnose Krebs umgehen – dank psychoonkologischer Betreuung
Victoria: Herr Dr. Werner, können Sie Ihre Arbeit in drei Worten zusammenfassen?
Dr. Werner: Das ist natürlich nicht einfach. Aber das Wichtigste in der Psychoonkologie ist, dass wir Zeit für den Patienten haben, zuhören und wenn nötig unterstützen.
Inwiefern kann die Psychoonkologie zur Verbesserung der Heilungschancen oder der Lebenserwartung beitragen?
Patienten haben Angst, sind verunsichert und reagieren auch mit depressiven Gefühlen. Unsere Arbeit besteht darin, dass wir mit ihnen offen über diese Ängste sprechen, damit sich wieder ein Stückchen Sicherheit entwickelt. Wenn jemand weniger Angst hat und besser informiert ist, kann auch die Therapie optimiert werden.
Indem wir Patienten Ängste nehmen, kehrt auch die Lebensfreude zurück. Dadurch wird zum Beispiel das Immunsystem verbessert. Es gibt jedoch leider keine Untersuchungen darüber, ob Psychoonkologie oder Psychotherapie die Lebenszeit verlängern.
Würden Sie sagen, dass es für Betroffene immer gut ist, wenn sie in ihrem persönlichem Umfeld offen mit der Erkrankung umgehen?
Also, das ist ganz individuell. Ich rate den Patienten zu überlegen, was mehr belastet: die Krankheit offenzulegen oder sie zu verschweigen? Das kann nur der Patient entscheiden. Manchmal ist es notwendig, nicht darüber zu reden. Aber häufig ist es so, dass das Verschweigen der Erkrankung viel anstrengender ist. Und deswegen ist meine Erfahrung: Darüber zu sprechen, erleichtert Patienten und Angehörigen den Umgang mit der Krankheit, denn Worte helfen heilen.
Gibt es ganz konkrete Tipps, die Sie Ihren Patienten geben, um den Umgang mit der Diagnose zu meistern?
Solche Tipps gibt es schon im Vorfeld. Das heißt, wenn eine Diagnose, Therapieplan-Änderungen oder sonstige Entwicklungen im Krankheitsverlauf anstehen, ist es immer gut, nicht allein zu diesen Terminen zu gehen. Wir raten Patienten, möglichst immer eine Person des Vertrauens in solche Gespräche mitzunehmen.
Der zweite Punkt ist, im Hier und Jetzt zu leben. Die Krebserkrankten denken schon weit voraus, an Dinge, die noch eintreten können, und das macht Angst. Wir raten, Schritt für Schritt zu schauen, was gerade ansteht.
Und dann gibt es natürlich auch noch Sport. Autogenes Training, progressive Muskelrelaxation, Yoga – das sind Möglichkeiten, um sich selbst wieder mehr Lebensqualität zu verschaffen.
Manche Patienten reagieren auf die Diagnose kämpferisch, manche fügen sich fast stoisch ihrem Schicksal. Wer kommt Ihrer Meinung nach besser zurecht?
Jeder hat seinen Weg, mit der Diagnose umzugehen. Kämpferisch sein heißt in diesem Zusammenhang, sich aktiv mit der Krankheit auseinanderzusetzen und dadurch wieder den Weg zum Leben zurückzufinden.
Patienten, die depressiv reagieren, brauchen psychoonkologische Hilfe. Es geht ihnen schlecht und die Zusammenarbeit mit den Ärzten fällt meist schwer. Das ist auch ein Grund, warum beispielsweise Therapien abgebrochen oder überhaupt nicht durchgeführt werden. Solche Patienten haben leider schlechtere Prognosen.
Woraus schöpfen Patienten Ihrer Erfahrung nach den meisten Mut?
Unsere Erfahrung ist, dass der Freundeskreis, das soziale Umfeld, aber im Wesentlichen Familie und Partner wichtig bei der Unterstützung sind.
Vielen hilft es, zu jeder Zeit auch die Hoffnung zu sehen. Einige Menschen wissen, dass sie bald sterben werden, reden aber trotzdem immer wieder von Hoffnung und Lebenszeit. Das ist manchmal von außen ganz schwierig zu verstehen. Dennoch ist es wichtig, sie darin zu unterstützen, den Mut zu behalten und trotz der schwierigen Situation weiterzuleben.
Können Sie einen konkreten Fall schildern, in dem die seelische Verfassung einen besonders positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf hatte?
Ich habe eine Patientin, die ich seit etwa sieben Jahren begleite. Das ist eine lange Zeit. Sie hatte Brustkrebs und erkrankte zudem an Eierstockkrebs. Daraufhin hat sie psychoonkologische Unterstützung gesucht. Trotz mehrerer Rückfälle konnte diese Frau weiterleben, weil sie einen festen Glauben hat und eine Familie, die sie unterstützt. Sie hat immer wieder Hoffnung geschöpft und was ganz wichtig ist: Sie hat darauf bestanden, genau informiert zu werden. Meine Aufgabe mit ihr ist, immer wieder alles zu besprechen, zu reflektieren und sie darin zu unterstützen, dass ihr Weg der richtige ist. Das ist für mich ein Beispiel für eine gelungene psychoonkologische Begleitung.
Haben Sie Erfahrungen damit, mit welchen Ängsten speziell Brustkrebs-Patientinnen konfrontiert sind?
Bei Brustkrebs-Patientinnen ist der Körper ein großes Thema. Wie verändert er sich durch die Operation und die Chemo-Strahlentherapie? Auch in Bezug auf die Partnerschaft spielt die Veränderung des Körpers eine große Rolle. Wie geht mein Mann mit dieser Situation um? Und wie reagieren die Kinder auf meine Körperveränderung? Das sind ganz große Ängste.
Zudem ist bei Brustkrebs-Patientinnen die Rezidiv-Angst, also die Angst vor Wiederkehr der Krankheit, ganz stark ausgeprägt.
Was können Sie Frauen raten, die den Kontakt zu anderen Betroffenen suchen?
Da gibt es eine ganz tolle Selbsthilfe-Organisation, „Frauenselbsthilfe nach Krebs". Sie ist deutschlandweit organisiert und auch zertifiziert. Man kann auf deren Website die nächstgelegene Selbsthilfe-Gruppe finden.
Dieser Artikel ist Teil einer Kooperation von Procter & Gamble und dem Verein Projekt Schmetterling e. V.
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